Ende der 60er geboren, war ich wohl von Geburt an ein Tierfan. Mein erstes "richtiges" Haustier (nebst Schnecken und was ich sonst so hielt) war ein Meerschweinchen namens Aphrodite. Vielleicht sollte man eher Meerschwein sagen, die Dame war riesengross. Es folgten Kaninchen (Grisu, Lucky), noch ein Meerschweinchen (Gugerli), ein Hamster der bei Übernahme schon ausgewachsen griesgrämig war und mich Zeit seines Lebens biss, eine Ratte namens Emma, die ich übernahm weil sie einer Schlange zu gross zum vertilgen war.
Dann die erste Katze: Miggu war eines Tages einfach da, und kam immer wieder.
Wir hatten uns schon an den schwarzweissen Kater gewöhnt, da trug er
plötzlich ein Halsband. Schade, er gehörte also doch jemand anderem.
Wir befestigten ein Zettelchen an seinem Halsband, mit der Frage nach seinem
Besitzer. Umgehend
wanderte die Antwort daher. Das Zettelchen kam von der Mutter einer
meiner Schulkolleginnen, und darauf stand dass der Kater dort ebenfalls
zugelaufen sei, er habe jemandem gehört, der einfach weggezogen sei
ohne den Kater mitzunehmen. Miggu, der bei meiner Schulkollegin "Mumeli"
genannt wurde, war zwischen unseren Familien längere Zeit als "Briefkater"
tätig, wir liessen Einladungen und Neuigkeiten durch unsere Katerpost
überbringen.
Mit der Zeit zog es Miggu dann eher zu uns. Nach einem Unfall musste
man ihm den Schwanz amputieren, vermutlich hatte ein Auto unseren Kater
erwischt, mit geschwollenem Kopf und völlig zerquetschtem Schwanz
sass er eines Mittags vor der Haustür. Obwohl von seinem hinteren
Ende nur ein Stummel blieb, kletterte Miggu gleich nach seiner Heimkehr
vom Tierarzt auf den nächsten Baum...der Verlust schien ihn nicht
sonderlich zu beeindrucken. Er fing Ratten, Mäuse, Salamander...
und da wir am See wohnten auch Möwen, Enten und Fische. Beim jagen
rutschte er im Winter schon mal über die vereisten Steine in's Wasser..
er war ein verrückter Kerl.
Schliesslich brachte er eine Freundin mit, wir tauften sie Nagra.
Sie war sehr schlank mit grossen Ohren, ein südländischer Katzentyp.
Sie hatte ein herrlich glänzendes, völlig schwarzes Fell. Unheimlich
scheu war sie, und traute sich nur mit ihrem grossen Freund Miggu in
unsere Nähe. Und doch war nicht zu übersehen, dass sie sehr
gerne näher gekommen wäre... Meine Mutter kam auf die Idee,
sie mit Hilfe eines Stöckchens zu streicheln, die Katze zerfloss
fast vor Wonne. Langsam konnte man das Stöckchen verkürzen,
die Katze schlussendlich mit dem Finger streicheln. Leider wurde Nagra
dann überfahren, meine Mutter hat sie gefunden und aufgesammelt. Miggu
verschwand einige Zeit später spurlos, wahrscheinlich wurde auch er
das Opfer eines Autos oder der Bahn.
In meiner Teenie-Zeit zog Gipsy in die Nachbarschaft, eine Labradorhündin. Eigentlich war sie mein erster Hund... tagsüber war sie alleine, ihr Besitzer kam oft sehr spät heim. Ich hatte einen Schlüssel zur Wohnung, und nach der Schule rannte ich sofort los, Gipsy holen. Wir haben sehr viel voneinander gelernt, sie war ein wundervoller Hund. Sehr geduldig, aber sie lernte blitzschnell. Sie hatte nur zwei Unarten: Sie rannte jeder Katze hinterher (tat ihr aber nichts), und manchmal auch der Bahn. Dann raste sie plötzlich los, auch wenn schon mehrere Waggons vorbei waren. Erst wenn sie nur noch Schlusslichter sah, bremste sie ab, dabei kreiste ihre Rute wie ein Rotorblatt. Es schien ihr Spass zu machen, also was solls... Gipsy liebte das Wasser unheimlich, wenn sie ein Gewässer sah, musste sie hinein. Sogar im Winter tauchte sie auch mit dem Kopf unter Wasser, und spritzte mit der geöffneten Schnauze Wasser nach oben wie ein Nilpferd.
Wie viele Mädchen lernte ich in dieser Zeit auch reiten, wünschte mir zum Geburtstag Reitstunden und der Ponyhof war das Grösste für mich. Viel später konnte ich mir dann sogar ein Pferd einer Kollegin zum alleine ausreiten leihen, aber leider wollte diese wenige Zeit später das Pferd nur noch für den Voltigiersport einsetzen. Damit nahm dieses Hobby erst einmal ein Ende.
Gerne hätte ich auch einen Beruf erlernt, der mit Tieren zu tun hatte.
Aber die lange Lehrzeit bis zur Tierärztin schien mir unendlich,
Tierarztgehilfin galt als nicht anerkannter Beruf, und Tierpfleger waren
nicht gerade gesucht.
Pflanzen mochte ich auch immer gerne (mein Vater meinte immer,
man brauche bald ein Buschmesser um in meinem Kinderzimmer durchzukommen),
so absolvierte ich schliesslich eine Lehre als Topfpflanzen- und Schnittblumengärtnerin.
Nach Abschluss fand ich eine Stelle in einem grossen Gartencenter, in
dem ich lange Jahre Auskunftsstelle für die Kundschaft war.
Nun hatte ich auch meine eigene Wohnung. Und schliesslich kam auch wieder ein Tier dazu: Seppli (weiblich!) eine schwarz-weisse Katze die im Blumenladen des Gartencenters gelebt hatte. Dort lag sie zwischen den Vasen und erfreute die Kundschaft, die manchmal nicht sicher war ob die Katze echt sei oder nicht, weil sie so ruhig dalag. Doch schliesslich duldete man das Tier nicht mehr, es musste weg. Natürlich nahm ich Seppli mit, ein Tier hatte mir schon lange gefehlt. Die Katze war einer ruhige Mitbewohnerin, sie schockte mich nur manchmal wenn sie auf der Aussenseite der Fenster hin- und herspazierte und beim wenden auf dem schmalen Metallsims jedesmal fast abstürzte. Leider blieb mir Seppli nicht sehr lange erhalten, sie musste eingeschläfert werden als ein Tumor sich in ihrem Oberkiefer breitmachte, und ihr schliesslich zuerst Gleichgewichtssinn und dann jeglichen Lebensmut nahm.
Ich wollte unbedingt wieder eine Katze haben. In einem Katzenheim fand
ich Caruso. Ich betrat den Raum mit etlichen Katzen, die auf einem
Wandgestell herumturnten oder am Boden umherliefen. Ich blickte mich um,
und meine Augen blieben hängen - an einem Paar unglaublich grüner
Katzenaugen, die mich über den
Rand eines Korbes hinweg ansahen. Das Augenpaar blickte mich mit
einer ungewöhnlichen Intensität an, und keine Sekunde woanders
hin. Um mich war es geschehen, allen Warnungen zum Trotz (die Katze war
schon zum zweiten mal in's Tierheim zurückgebracht worden) war das
von dem Moment an meine Katze.
Den Namen Caruso bekam mein neuer Mitbewohner bald einmal von mir,
denn er war sehr "sprachbegabt". Er verfolgte mich auf Schritt und Tritt,
und erzählte dauernd etwas. Nicht dass er schrie, er hatte sehr viele
verschiedene Tonlagen um sich auszudrücken. Er maunzte, brummte, fiepte
und quengelte, er knurrte, quäkte und... Und meine ganze Bekanntschaft
versicherte mir, dieses Tier würde ein normaler Mensch keinen Tag aushalten.
Na denn, war ich eben nicht normal. Der Kater war es tatsächlich auch
nicht!
Mein damaliger Freund, mit dem ich zusammen wohnte, hatte eine seltsame
Beziehung zu Caruso. Eigentlich mochte er Katzen überhaupt nicht,
mit Ausnahme von - Caruso. Der Kater war wirklich etwas Spezielles, er
strahlte so eine aristokratische Gelassenheit aus. Dann diese Augen...
Zweimal zog der Kater mit in eine neue Wohnung um, und da bestimmte
er, wann er umgezogen werden wollte. Bis dahin erschien er nicht, wenn
es dann aber für ihn Zeit war, setzte er sich in den vordersten Karton
oder eine Tragetasche - und schaute. Und wieder diese Augen...
Auch Caruso wurde nicht sehr alt, sein genaues Alter wusste ich
jedoch nicht. Zum Schluss hatte er Wasser in der Lunge, sein Herz drohte
jederzeit stillzustehen, und seine Nieren funktionierten auch nicht mehr
richtig. Beim letzten Tierarztbesuch wurde ich überredet, das Tier
einzuschläfern.
Ich habe mir danach geschworen, niemals wieder ein Tier einschläfern
zu lassen, dessen Wille zu Leben noch vorhanden ist. Bei Seppli damals
war alles klar, sie wollte einfach nicht mehr. Sie war müde und mochte
nicht mehr leben. Caruso war noch nicht so weit, er hätte wohl jedem
das Gesicht zerkratzt wenn er gewusst hätte was mit ihm passieren
würde. Als ich seinen Blick sah wusste ich dass ich einen Fehler gemacht
hatte, aber da war es zu spät.
Ich bin überzeugt, dass Tiere wissen wann es zu Ende geht,
wann sie nicht mehr Leben wollen - in Zukunft werde ich das respektieren,
Tierarztmeinung hin oder her. Kurze Zeit darauf holte ich die beiden Katzen
Fanny und Faisal zu mir, die Geschichten der Beiden sind auf ihren eigenen
Seiten zu finden.